Saarbrücken
Schon seit dem 3. Oktober beteiligen sich die aus dem Fernsehen bekannten Detektive „Die Trovatos“ an der Suche nach dem kleinen Mathis.

In einem bislang täglichen Video-Live-Chat berichten Saarländer, wie sie sich an der Suche beteiligen und verdächtige Dinge wahrnehmen.

Dabei kamen durchaus Beobachtungen zur Sprache, die die Polizei auch weiter verfolgt hat. So meldeten in diesem Chat Menschen, dass sie im Bereich hinter dem Silo ein Kinder-T-Shirt an einem Baum nahe eines Bunkers gesehen haben, sowie eine Baby-Windel. Daraufhin fanden Suchmaßnahmen und Ermittlungen statt, die jedoch nicht zu Mathis führten.
Eine Frau mit dem Chat-Namen „Affy“ (5.900 Likes in der wöchentlichen Rangliste von TikTok) gab sich als Tante des Jungen aus und verbreitete dort mehrere Tage lang Falschinformation über den gesuchten Mathis. Sie prahlte mit persönlichen Erlebnissen zusammen mit Mathis. Sie erzählte von gemeinsamen Essen mit der Familie. Sie kannte angebliche Details zur Erkrankung und zum Verhaltens des Jungen. Kurios wurde es, als sie von Wahrsager-Informationen schwafelte. Warum sie die tat, ist unklar. Wer sie ist und woher sie kommt ebenso. Während der Live-Übertragung am Freitag wurde die unbekannte Selbstdarstellerin auf die Ungereimtheiten angesprochen – letztendlich knickte sie ein. Die Trovatos schalteten daraufhin die Polizei ein.
Die Frau betreibt selbst einen Live-Chat, dessen Übertragung kurz nach der Entgleisung von der Polizei vor Ort unterbrochen wurde.

In einer WhatsApp-Gruppe, in der rund 300 freiwillige Helfer und auch Angehörige von Mathis und seiner Familie sind, wird das Verhalten der Frau schärfstens verurteilt. Viele verstehen nicht, wie herzlos Menschen sein können.
Auch andere Chatter bei „Die Trovatos“ fallen durch unseriöse Informationen auf. So behauptete eine Frau, sie stamme aus der Suchhunde-Szene und es seien Trupps aus Hessen auf dem Weg ins Saarland. Vor Ort wurden diese jedoch nicht gesichtet.
Dies ist ein trauriges Bild der Menschheit, die sich in einer schweren Zeit auf Kosten von Betroffenen in ein falsches Rampenlicht rücken. Dieses Phänomen tritt leider häufig in solchen Situationen auf. Auch stecken manchmal psychische Probleme dahinter.
Kritisch zu betrachten ist der Video-Chat von „Die Trovatos“ (168.000 Fans bei TikTok) auch aus einem anderen Grund: statt andere frei zugängliche Plattformen, wie Facebook oder Instagram zu nutzen, bedienen sich die reichweitenstarken Prominenten dem TikTok-Chat. Hier können Zuschauer geldwerte Geschenke an den Gruppenleiter des Chats senden – es handelt sich also um ein Bezahlmodell zu Gunsten der Fernsehdetektive, denn diese Geschenke werden in Provisionen umgewandelt und monatlich auf das Konto überwiesen.
Mid-Influencer mit 75.000 bis 250.000 Followern können zudem pro Post mit ihren Videos 1.250 US-Dollar bis 3.500 US-Dollar an Werbegeldern verdienen.
Die Polizei wollte auf Nachfrage den “Die Trovatos“-Chat nicht kommentieren.
Wer wirklich helfen will, kann sich an den Suchaktionen vor der Demonstration, die von der Familie organisiert wurde. Treffpunkt ist um 16:00 Uhr vor der Europa Galerie in Saarbrücken.

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